Ich war ja anfangs skeptisch, was die Bereitstellung eines vergünstigten Monatstickets für den ÖPNV angeht.
In der Regel lege ich eher Wert auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Bahn und erst an dritter Stelle auf den Preis.
Durch das Debakel mit Abellio auf der S9 hatte ich mein Firmenticket (94 €) gekündigt und bin die Strecke Langenberg – Essen (18 km) mit dem E-Bike (Pedelec) durchgeradelt. Die Tür-zu-Tür-Reisezeit beträgt dabei rd. 45 Minuten also nur etwas länger als die Fahrplan-Reisezeit der Bahn (21 Min.) plus An- und Abfahrt.
Anfang Juni habe ich mir dann das 9€-Ticket (als Ticket-2000, zur Fahrradmitnahme) geleistet. Damit kann ich nun auf meinem Arbeitsweg schauen, ob am HP Nierenhof eine S9 für mich ohne längere Wartezeit erreichbar ist.
Dann fahre ich zwei Stationen bis Holthausen, wuchte mein E-Bike die Treppen hoch (die Aufzüge hat die Bahn komplett demontiert) und fahre an der Ruhr und durch das Siepental (Fahrradstraße) den restlichen Weg zur Arbeit.
Das hat schon ein paar mal ganz gut funktioniert. Oft sind die Bahn-Verspätungen nachmittags zu hoch, so dass eine Rückfahrt nur mit dem E-Bike zeitlich vorteilhafter ist.
Diese Woche (und voraussichtlich auch in den kommenden Wochen) zeigte die Deutsche Bahn allerdings wieder, wie weit die Verantwortlichen die Bahn ruiniert haben. Ich empfehle hierzu das Buch „Schaden in der Oberleitung“ von Arno Luik.
Die RE 49, die schon in den letzten Monaten regelmäßig ausgefallen ist, soll dies aufgrund der angespannten Personallage noch mindestens bis zum 07.08. tun. Durch ihre Verspätungen fährt sie oft kurz vor (oder sogar hinter) einer S9. Der frühere 20-Min-Takt ist so faktisch zu einem 30-Min-Takt geworden.
Die S9, die morgens noch die Kunden zu ihren Arbeitsplätzen im Ballungsraum gebracht hat. Fällt ohne Vorwarnung nachmittags und den restlichen Tag komplett aus. Begründung: Kurzfristiger Personalausfall.
Bahn-Chef Richard Lutz im heute journal am Montag, 18.07.2022 (ab Minute 08:10) auf die Frage, woran es liegt:
„(…) Um es mal negativ abzugrenzen. Es liegt nicht daran, dass wir im Moment Personalmangel haben. (…)“
Das macht deutlich, wie passend Arno Luik seinen Buchtitel gewählt hat.
Um auf das 9€-Ticket zurückzukommen: Die 9€ sind nach meiner Beobachtung genau der richtige Preis, den man für ein Monatsticket bei dieser „Leistung“ nehmen kann. Würde die Bahn die Fahrgäste frühzeitig informieren und auch in angespannten Situationen ein Mindestangebot fahren, wären vielleicht auch 19€ oder 29€ pro Monat angemessen.
Das ganze hat natürlich auch mit der Klimakrise zu tun. Soll die Bahn hier einen Beitrag leisten, so ist nichts weniger als ein Paradigmenwechsel bei der Bahnpolitik erforderlich. So sehr ich viele der Erstunterzeichner*innen dieses Aufrufes schätze (bei einigen habe ich an der TU Dortmund gelernt), so wenig glaube ich, dass die Bundesregierung mit ihrer „FDP-FDP-FDP-Koalition“ (Copyright Helmut Lorscheid) die Bahnpolitik ändert.